Die autarke Standortversorgung von Industriebetrieben mit regenerativen Energieträgern ist seit Jahren ein Ziel, um der globalen Erwärmung und möglichen Energieknappheiten entgegenzuwirken. Dieser Bereich der Energieversorgung kann und wird durch die aufkommende grüne Wasserstofftechnologie erweitert. Wasserstoff wir von Vielen als Schlüsselelement der Zukunft gesehen. Zahlreiche Branchen erwarten, dass Wasserstoff nicht nur im Bereich der autarken Standortversorgung mit regenerativen Energieträgern ein ,,Gamechanger“ sein könnte.
Das Institut für Rohrleitungsbau begleitet ein Forschungsprojekt zur regenerativen Standortversorgung unter Einbeziehung einer speicherfähigen grünen Wasserstoffproduktionsanlage. Die FRIEDRICH VORWERK Unternehmensgruppe plant die Realisierung dieser Anlage am Standort der Bohlen & Doyen Bau GmbH sowie der Bohlen & Doyen Service- und Anlagentechnik GmbH in Wiesmoor.
Der regenerative Energieanteil soll durch eine Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 608 KWp bereitgestellt werden. Die Anlage wird auf den Dächern der Halle der Bestandsgebäude des Standorts montiert, diese bieten sowohl eine Süd-Ost als auch eine Süd-West Ausrichtung. Weiter wird ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Kraft- Wärme-Kopplung zur Versorgung des Standorts installiert, welches unter anderem auch den erzeugten grünen Wasserstoff als Brennstoff nutzt. Sowohl die Bürogebäude als auch die Werkshalle sollen hierrüber versorgt werden. Weitere Arbeiten wie der Ausbau des Transformators zum Haupteinspeisepunkt sowie die Verlegung von Energieleitungen - unter anderem im HDD-Bohrverfahren - sind für die Funktionsfähigkeit der Systemkomponenten vorgesehen.
Das Herzstück der neuen, regenerativen Infrastruktur bildet die Installation der Elektrolyseeinheit zur grünen Wasserstoffherstellung und Speicherung. Die Wasserstoffherstellung erfolgt durch PEM-Elektrolyseure (enproton exchange membrane oder polymer electrolyte membrane). Die Funktionsweise eines PEM-Elektrolyseurs ist durch die eingesetzte Membran gegeben, diese wird einseitig mit Wasser umspült. Durch das Anlegen einer elektrischen Spannung erfolgt mittels Protonenwanderung die Herstellung von Wasserstoff an der Kathode und Sauerstoff an der Anode. Die Elektrolyseeinheit bietet die Aufnahmemöglichkeit von drei Elektrolyseuren (Stacks), die unabhängig voneinander betrieben werden können. Über den ersten Stack soll die Anlage mit dem fluktuierenden elektrischen Strom der PV-Anlage betrieben werden. Die Leistungsaufnahme liegt insgesamt bei 300 kW, bei einer Wasserstofferzeugung von 62 Nm³ /h. Der Wasserstoff kann nach einer Aufbereitungsphase, unter anderem einer Gastrocknung, eingelagert werden. Nach der Fertigung und Inbetriebnahme der Anlage soll eine Optimierungs- und Lernphase des Gesamtsystems erfolgen. Daraufhin wird die Wasserstoffelektrolyse näher betrachtet, münden sollen diese Prozessschritte in eine Energiebezugsoptimierung. Die weiteren zwei Stackplätze dienen zur Neu- und Weiterentwicklung, sowohl von Produkten des Stackherstellers als auch für solche von externen Interessenten, die die Einsatzmöglichkeit in einer solchen Anlage suchen.
Wie bereits erwähnt wird das Institut für Rohrleitungsbau das Forschungsprojekt wissenschaftlich begleiten und an dieser und weiteren Stellen über den Projektfortschrift und interessanten Zwischenschritten berichten.
Von Sebastian Rolwers, iro Info, Ausgabe 61-05/2022